Mittwoch, 31. August 2011

... nach 95 Tagen...

Liebe Leser,

es ist nicht einfach, im schoenen Piemont einen Internet-PC zu finden!
Ich bin nach 95 Tagen auf den Beinen in Limonetto in Piemont angekommen. Es liegen ca. 1600km und 85000hm Aufstieg hinter mir. Es liegen noch ca. 10 - 14 Wandertage vor mir.  Meine Schuhe sind bald wieder durchgelaufen und ich habe auch manchmal das Gefuehl; meine Fuesse sind auch "durchgelaufen". Aber es geht mir sehr gut!!
Ich habe seit Wochen bestes Wanderwetter und traumhafte, immer noch schoenere Gebirgszuege durchquert.
...und ich habe vom Col de Fenestre das erste Mal das Meer gesehen.
Aus technischen Gruenden (extrem langsamer Intenet-PC) kann ich meinen Blog nicht so aktualisieren, wie ich gerne moechte. Sobald ich angekommen bin und wieder an meinem PC sitze, erfahrt Ihr, wie es mir auf dem letzten Drittel meiner Traumtour ergangen ist und es folgen natuerlich viele Fotos!!

Eure Weitwanderin Helga

Mittwoch, 10. August 2011

69. bis 74. Tag: Balme bis Molini di Massello

69. Tag: Balme - Usseglio (16,5km - 1260hm Aufstieg)
Nach dem gestrigen Ruhetag geht es mir konditionell gut, allerdings sind die Beine schwerer, als sonst. Aber nach einer Stunde marschieren, werden die Muskeln wieder warm und das Laufen faellt mir wieder leichter. Heute haben wir einen super sonnigen Tag und die Ausblicke sind wunderschoen. Wir kommen an den idyllischen Laghi Verdi vorbei und steigen auf zum Passo Paschiet (2435m). Hier ist es schon wieder windiger und wolkiger und so gehen wir nach einer kurzen Pause gleich weiter. Immerhin liegt noch ein Pass und ein langer Abstieg vor uns. Vom Passo Costa Fiorita (2465m) bekommen wir dann auch gleich einen ersten Eindruck vom bevorstehenden Abstieg. Eine wilde zerklueftete Wiesen- und Felslandschaft liegt vor uns. Dank vieler zwar steiler Serpentinen kommen wir aber problemlos nach unten und kurz vor Usseglio kuehlen wir unsere Beine im eisigen Bergbach ab.
Blick zurueck in Richtung Balme
einer der zwei Laghi Verdi - im Hintergrund der Colle Paschiet

Abstieg nach Usseglio
Abendstimmung ueber Usseglio
70. Tag: Usseglio - Capanna soc. Aurelio Ravetto (17km - 1290hm Aufstieg)
Nach einer Nacht im Grand'Usseglio, einem alten ehrwuerdigen Hotel, das jetzt mehr ein Seniorenheim zu sein scheint, und einem sehr mageren Fruehstueck gehen wir weiter. Wir muessen erst ein paar Kilometer Strasse hinter uns bringen, bevor wir steil aufsteigen zu einer alten Bahntrasse, die uns zum Stausee Lago di Malciaussia bringt. Die Bahn fuhr frueher auf immer gleicher Hoehe um die Bergruecken herum und durch einen 300m langen Tunnel direkt zum Stausee. Sie wurde damals fuer die Arbeiter  und als Transportmittel benutzt. Jetzt wird offensichtilich nicht mal mehr der Wanderweg viel begangen, weil wir muessen uns durch viel Brombeer- und Wacholdergestruepp durchschlagen. Manchmal waere eine Machete wirklich hilfreich;-)
Aber wir kommen natuerlich gut beim Lago und dem Rifugio Vulpot an, wo wir uns mit einem grossen Teller Pasta staerken, bevor wir uns an den Aufstieg zum Colle delle Croce di Ferro (ca. 2550m) machen. Der Weg ist jetzt sehr angenehm - es ist eine alte Mulatteria. Kurz nach dem Pass befindet sich die Capanna sociale Aurelio Ravetto, welche von einigen Maennern privat renoviert wurde und abwaechselnd bewirtschaftet. Heute begruesst uns der redselige Franco, in der gemuetlichen, schon beheizten Huette und wir bekommen sogar einen Eimer heisses Wasser zum Waschen. Ausser uns sind noch zwei deutsche Frauen hier und wir verbringen einen sehr netten Abend zusammen.


Die alte Bahntrasse zum Lago di Malciaussia

Blick zurueck zum Lago di Malciuassia

Croce delle Ferro nach dem Regenschauer am Abend

71. Tag: Capanna soc. Aurelio Ravetto - Susa (19,5km - 220hm Aufstieg - 2200hm Abstieg!)
Nach einer kalten Nacht und einem grossen Haferl waermenden Milchkaffee beginnen wir unseren heutigen Wandertag. Unter uns liegt ein leuchtendes Nebelmeer und ueber uns ziehen leider auch schon die naechsten dunklen Wolken auf. Die Besteigung des Rocciamelone lassen wir deshalb bleiben und steigen direkt in Richtung Susa ab. Die Entscheidung war richtig, denn es faengt schon bald zum Regnen an und so bleibt es auch den ganzen Tag ueber. Im Rifugio Il Truc machen wir eine gemuetliche lange Mittagspause, wo wir Heli und Jochen, zwei andere GTAler nochmal treffen, die wir vor einigen Tagen kennengelernt haben. Dann nehmen wir die restlichen 1200m Abstieg in Angriff und kommen am spaeten Nachmittag im schoenen Staedtchen Susa an. Es gibt hier eine richtige Fussgaengerzone und ein paar nette Cafes und wir treffen tatsaechlich Ruth und Hans hier wieder. Hans organisiert fuer uns ein Zimmer im Bed&Breakfast und wir verabreden uns zum Pizzaessen am Abend. Wir geniessen es, draussen zu sitzen und selbst waehlen zu koennen, was wir essen wollen! Posto-Tappa-Halbpension ist zwar immer lecker, aber man kann nie waehlen, was man essen will, es kommen einfach immer die einzelnen Gerichte auf den Tisch!
Nebelmeer am Morgen - Aussicht von der Capanna soc. Aurelio Ravetto
liebevoller GTA-Wegweiser
im huebschen Ort Susa
72. Tag: Susa - Allpe di Toglie (21,7km - 1460hm Aufstieg)
Heute duerfen wir ein bisschen laenger schlafen, da unser Fruehstueckscafe erst um 9:00 Uhr oeffnet. Wir schauen uns noch die alten roemischen Gebaeude von Susa an und brechen am vormittag erst auf. Es nieselt immer wieder - also genau richtig fuer eine kuerzere Etappe (dachten wir;-))
Zum ersten Dorf finden wir noch recht gut - aber die Markierungen sind um Susa herum recht mager. Ich frage ein paar Leute auf der Strasse nach dem richtigen Weg und wir werden glatt in die falsche Richtung geschickt. Wir folgen einem schoenen Wanderweg, allerdings endet dieser in einem verfallenem Dorf, wo es keine Fortsetzung des Weges und kein Weiterkommen mehr gibt. Also muessen wir wieder viele Hoehenmeter absteigen, finden schliesslich das richtige Dorf und beginnen erst am Nachmittag den eigentlichen Aufstieg zur Alpe di Toglie. Dort kommen wir ziemlich nass und hungrig am fruehen Abend erst an, werden aber sehr nett empfangen und bekommen ein sehr reichliches Abendessen. Die Nachspeise besteht aus 8(!) verschiedenen, hausgemachten Kaesesorten, was wir beim besten Willen nicht mehr alles essen koennen. Aber wir bekommen die Reste fuer morgen als Wegzehrung mit - auch in Ordnung!
Susa - ein altes Tor aus der Roemerzeit
Abendstimmung ueber dem Susa-Tal
73. Tag: Alpe di Toglie - Usseaux (18,8km - 1500hm Aufstieg)
Das Wetter ist heute wieder richtig gut - wir sehen ueber das Susa-Tal bis zum Rocciamelone zurueck und freuen uns auf einen tollen aussichtsreichen Tag. Der erste Teil des Aufstieges ist noch recht steil und geht durch Wald, aber ab dem Bivacco dell' Orsiera sind wir ueber der Baumgrenze und geniessen die Rundumblicke. Auf dem Colle dell' Orsiera (2595m) gibt es noch alte Befestigungsanlagen und eine riesige Mauer aus Kriegszeiten. Dank der Mauer ist es windgeschuetzt und wir machen lange Mittagspause und viele Fotos auf dem Pass. Am markantesten ist jetzt der Gipfel des Monviso im Sueden. Der Abstieg ist nicht zu steil und gut zu gehen und wir kommen an einigen netten kleinen Doerfchen vorbei. Im Ort Pequerel werden wir auf einen Cafe und Kuchen eingeladen und nach dem netten Plausch mit den Dorfbewohnern schaffen wir die letzten Kilometer nach Usseaux locker. Das Posto Tappa hier ist richtig nett und liebevoll eingerichtet und verbringen einen netten Abend, wieder mit Ruth und Hans.
Colle Orsiera (2595m)
alte Wehrmauer am Pass
Landschaft bei Usseaux - ploetzlich ganz anders!
74. Tag: Usseaux - Molini di Massello (26,9km - 1500hm Aufstieg)
... und wieder strahlt der blaue Himmel ueber uns - wir freuen uns auf den bis jetzt hoechsten Pass der Tour. Der Aufstieg ist nicht steil, dafuer sehr lange. Ich spuere heute meine Fuesse, die letzten langen Tage haben mich gefordert. Aber die Aussicht vom Colle Albergian (2713m) entschaedigt mich fuer die Muehen und es ist so warm und sonnig, dass wir es 1 1/2 Stunden auf dem Pass aushalten. Der lange Abstieg ist gott sei Dank auch nicht steil und fuehrt uns durch eine grandiose Landschaft. Bei einer Schafherde bekommen wir dann auch noch die Geburt eines Laemmchens mit und weiter unten gibt es wieder schoene Badegumpen im Gebirgsbach, wo wir unsere Fuesse abkuehlen koennen. Wir kommen muede, aber zufrieden im wunderschoenen Hotel "La Foresteria" an. Das Essen und Ambiente sind perfekt und so beschliessen wir, hier morgen einen Ruhetag einzulegen.
Wandmalerei in Usseaux
Edelweiss-Feld unterhalb vom Colle Albergian
Blick vom Colle Albergian in die franzoesischen Alpen
vor 5 Minuten geboren - und schon durstig!
Stoamandl auf dem Weg ins Massello-Tal
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Ich merke, dass ich jetzt insgesamt 67000hm Aufstieg und 1340km hinter mir habe. Meine Beine werden langsam schwer und muede, aber nach ein bisschen Ruhe freue ich mich auf die Fortsetzung meiner Tour ans Meer nach Monaco! Es liegen schliesslich noch ein paar tolle Gebirgszuege vor mir und das Wetter scheint um so besser zu werden, je weiter ich nach Sueden komme!

Mittwoch, 3. August 2011

62. bis 67. Tag: Pont Canavese - Balme

62.Tag: Pont Canavese - Talosio (15,6km - ca. 700hm Aufstieg)
Heute nachmittag wird endlich Christian ankommen. Jetzt freue ich mich wirklich schon sehr auf ihn. Ich verlasse mein "Regen-Domizil" und gehe zu Fuss nach Talosio. Die Strecke liegt leider nicht auf einen der vielen Weitwanderwege durch das Piemont und so gibt es auch keine Wanderwege. Die ersten zwei Kilometer muss ich an der Hauptstrasse entlang gehen, aber dann zweigt eine kleine Passstrasse nach Talosio hinauf ab. Diese ist sehr ruhig und landschaftlich wunderschoen. Manchmal erinnert mich dieser Teil des Piemonts wirklich an Mittelamerika mit seinen Urwaeldern - alles gruen und ueberwuchert!
An einem sonnigen Plaetzchen am Fluss mache ich noch einen Badestopp und bin am fruehen Nachmittag am Ziel. Das Posto Tappa in Talosio ist bis jetzt das unsauberste auf der ganzen GTA - leider kein guter Start fuer Chrsitian - aber dann kann es ja nur noch besser werden fuer ihn!
Dank unserer Vorbewohner von gestern - meine Schweizer Weggefaehrten ist zumindest das Bad und das Schlafzimmer frisch geputzt! Danke an Euch!
an der Strasse nach Talosio
63.Tag: Talosio - San Lorenzo (17,7km - ca. 1500hm Aufstieg)
Heute ist unserer erste gemeinsame Etappe und gleich eine richtig lange. Aber das Wetter spielt gut mit und vom Pass beim Monte Arzola haben wir noch eine ganz gute Aussicht in Richtung Gran Paradiso. Allerdings haengen natuerlich die ueblichen Schoenwetterwolken schon wieder in den Gipfeln - trotzdem schoen!
Wir kommen am schoenen Stausee Lago d'Eugio vorbei und muessen dann nochmal knapp 500hm aufsteigen zur Alpe Colle. Ab hier beginnt der teilweise sehr steile Abstieg nach San Lorenzo. Im dortigen Posto Tappa muessen wir feststellen, dass die Wirte von Talosio uns nicht, so wie abgemacht, hier angemeldet haben. Wir bekommen trotzdem ein nettes Zimmer und sehr feines Abendessen mit fangfrischen Forellen - ein schoener Tagesabschluss.
Blick Richtung Gran Paradiso Gruppe

64. Tag: San Lorenzo - Noasca (15,6km - ca. 950hm Aufstieg)
Auch heute schaut das Wetter wieder gut aus und nach einem kleinen Stueckchen auf der Strasse finden wir den neu markierten und teilweise freigeschlagenen Wanderweg zur Wallfahrtskapelle Santa Anna. Hier finden dieses Wochenende die jaehrlichen Feierlichkeiten statt und es wird noch fleissig geputzt, gemalert und aufgeraeumt. Die einzigen Highlights dieser Etappe sind unzaehlige Himbeerstraeucher und ein Kirschbaum direkt ueber unserem Mittags-Ruhe-Felsen. Ansonsten trifft es die Bezeichnung der Via Alpina: Eine Transferetappe ins naechste Tal ohne nennenswerte Ausblicke. Dafuer ist Noasca, unser Zielort um so netter und Sabrina, die junge Wirtin vom Albergo Gran Paradiso ist sehr nett - eine empfehlenswerte Unterkunft!
typisches verlassenes Bergdorf auf dem Weg nach Santa Anna

65. Tag: Noasca - Ceresole Reale (13,2km - ca. 1100hm Aufstieg)
Nach einem mehrgaengigen Fruehstueck (Sabrina kam immer wieder mit neuen Leckereien) brechen wir heute relativ spaet auf. Die Etappe heute ist nicht so lang und das Wetter gut - da kann man schon mal rumtroedeln! Der Wanderweg heute ist wunderschoen und streift alte malerische, aber verlassene Bergdoerfchen. Das zweite Stueck verlaeuft auf dem Panoramaweg des Grand Paradiso Nationalparks und ist wunderschoen. Allerding versperren uns auch heute die Wolken die Sicht auf die Gipfel - hier waere der Herbst sicher die bessere Reisezeit. Wir kommen am Nachmittag in Ceresole an und treffen im Posto Tappa wieder auf Ruth und Hans aus der Schweiz. Wir freuen uns sehr ueber das Wiedersehen und trinken zur Begruessung ein Flaeschchen Weisswein zusammen und feuern nebenbei die Laeufer des "Royal Ultra Sky Marathon" an. Die Laeufer muessen 4000m Aufstieg, 4300m Abstieg und 54km meistern und sind seit 7:00 Uhr morgens unterwegs - da sind wir Weitwanderer doch wirklich harmlos!
Stausee Ceresole Reale

66.Tag: Ceresole Reale - Pialpetta (16,2km - ca. 1100hm Aufstieg)
Nach einem Stueck am Stausee entlang fuehrt uns ein sehr angehmer Wanderweg hinauf  zur Colle delle Crocetta auf ca. 2450m. Wir sehen gut zum Stausee zurueck aber auch heute wird uns wieder der Weitblick auf die weissen Gipfel des Gran Paradiso verwehrt. Die 1600m Abstieg fallen uns relativ leicht, da wir auf halber Strecke durch endlose Blaubeerfelder wandern. Wir machen also viele "Vitamin-Pausen" und kommen
ganz entspannt in Pialpetta an. Hier unten kommt die Sonne wieder besser durch den Hochnebel durch und wir verbringen den nachmittag faul in der Sonne, bis wir wiedermal ein feudales mehrgaengiges Posto-Tappa-Menue bekommen.
Wollgras unterhalb der Colle delle Crocetta

67. Tag: Pialpetta - Balme (19,8km - ca. 1600hm Aufstieg)
Heute besteht uns wieder ein langer Tag bevor und im GTA-Fuehrer werden wir schon gewarnt, dass wir durch dichtes Erlengestruepp muessen. Der Aufstieg zieht sich dann auch wirklich sehr in die Laenge. An den schoenen Laghi die Trione machen wir vor dem Schlussaufstieg nochmal Pause und so meistern wir die letzten 400hm auf den Colle del Trione auf ca. 2480m Hoehe noch ganz gut. Der Abstieg nach Balme ist dann auch entsprechend lang und teilweise sehr schlecht markiert. Aber schlussendlich finden alle GTA-Wanderer (momentan zwei Schweizer, zwei Thueringer und drei Schwaben und wir) den richtigen Weg nach Balme.
Vor dem Essen stossen wir mit Ruth und Hans noch auf unseren gemeinsamen Hochzeitstag an. Sie haben genau am gleichen Tag im gleichen Jahr geheiratet! Hier gibt es so besondere Speisen, wie glacierte Maroni auf Speck und Kaninchen - fein!
Aufstieg zum Colle del Trione

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... vom Wandervirus infiziert ... liebe alles, was mit der Natur, den Bergen und mit Reisen zu tun hat.